Rückläufige Märkte im Börsen- und VC-Bereich in Europa und den USA, GoingPublic Magazin: Plattform Life Sciences 09/17

Überblick über Finanzierungstrends im US- und europäischen Biotech- und Life-Science-Markt

Life-Science-Unternehmen sind auf Venture Capital angewiesen, um ihre innovativen Ideen in marktfähige Produkte und Technologien umzuwandeln. Zugleich bietet die Börse eine attraktive Exit-Option. Eine Marktübersicht in Europa und den USA.

Von Dr. Mathias Schott und Sebastian Sommer

Im Zeitraum von 2012 bis 2016 profi tierten europäische Biotech- und LifeScience-Unternehmen von stetig steigenden Transaktionsvolumina im VentureCapital-Markt, die jährlich mit einem CAGR von 15% gewachsen sind. Neben einem außergewöhnlich erfolgreichen Jahr 2015 setzte sich 2016 mit 1,7 Mrd. EUR der Wachstumstrend zu 2014 (1,6 Mrd. EUR) und den Vorjahren fort. Per 01.09. dieses Jahres wurden Transaktionen in Höhe von 1,2 Mrd. EUR abgeschlossen. Sollte sich die Entwicklung im gleichen Maße im Jahresverlauf fortsetzen, könnte das Vorjahresniveau noch erreicht werden.

Kleinere Top-Deals 2017 als 2016

Ein Blick auf die Top-Deals in Europa verdeutlicht, dass im Jahr 2016 weitaus größere Transaktionen abgeschlossen wurden als bisher im Jahr 2017. Die bisherigen Top-Transaktionen 2017 sind summiert lediglich in etwa halb so groß wie Top-Transaktionen aus 2016. Dieser Trend zeigt sich parallel auch in den USA, wo 2016 deutlich größere Volumen erzielt wurden als bisher im Jahrgang 2017. Im transatlantischen Vergleich fällt auf, dass US-Transaktionen wie Human Longevity 2016 und Vir Biotechnology 2017 jeweils doppelt so groß sind wie die größten Transaktionen europäischer Wettbewerber. 

US-, britische und französische Investoren als treibende Kraft bei grenzüberschreitenden Transaktionen

In den letzten fünf Jahren tätigten die USA mit 2,3 Mrd. EUR und Großbritannien mit 1,9 Mrd. EUR mit Abstand die meisten grenzüberschreitenden Transaktionen innerhalb Europas. Französische Investoren folgen mit einem gewissen Abstand und sind mit 1,0 Mrd. EUR der drittgrößte Investor, jedoch deutlich vor den deutschen Investoren, die in den letzten Jahren nur teilweise zu den Top 5 zählen konnten. Bei den grenzüberschreitenden Transaktionen zeichnen sich bisher in 2017 abschwächende Volumina ab. Bei gleichbleibender Entwicklung können die Vorjahreswerte jedoch noch erreicht werden. 

Sinkende Fondsvolumen als Gefahr für den Biotech-/Life-Science-Sektor

Bekanntermaßen ist der US-VentureCapital-Markt im Bereich Biotech/LifeScience historisch und aktuell der weitaus größte. Die Anzahl und Volumen neuer Fonds sind hier weitaus größer als in Europa, wodurch sich unter anderem die Dominanz der USA als Biotech-/ Life-Science-Markt und die US-Investoren als grenzüberschreitende Kapitalgeber erklären lässt. Europäische Fonds konnten im bisherigen Jahresverlauf lediglich 402 Mio. EUR einsammeln und bleiben damit signifi kant hinter den Vorgaben von 2016 zurück. Die USA liegen mit 5,1 Mrd. EUR deutlich näher am Vorjahresniveau, das über zehnmal größer ist als das europäische Volumen.

Seit 2015 sind Volumina von neuen Fonds jedoch rückläufig. Im Rekordjahr 2015 sammelten Europa mit 1,5 Mrd. EUR und die USA mit 9,5 Mrd. EUR Rekordvolumina ein. Im Jahr 2017* gehört der deutsche High-Tech Gründerfonds gehört zusammen mit der dänischen novo Holdings A/S mit jeweils sieben Deals zu den aktivsten Investoren im europäischen Biotech-/Life-Science-Bereich. Auffällig sind auch hier die enttäuschenden Volumina und dass die Top-5-Investoren zusammen nur an einem Dealvolumen von lediglich ca. 300 Mio. EUR beteiligt waren. Der High-Tech Gründerfonds ist mit sechs Deals im Early-Stage Bereich und einem Volumen von 25,6 Mio. EUR der aktivste Investor im heimischen Markt. Auffällig ist, dass die weiteren Investoren alle lediglich nur einen Deal in Deutschland verzeichnen konnten. Unter diesen fanden sich in 2017 überraschenderweise drei chinesische Investoren wie 3E Bioventures, Decheng Capital und auch Oriza Holdings mit einem Volumen von 23,5 Mio. EUR. 

Verhaltene Entwicklung der IPO-Tätigkeit

Die Emissionstätigkeit in Europa und den USA zeigt einen generellen Rückgang seit 2014 trotz eines rasanten Aufstiegs im Rekordjahr 2014 und davor. 2017 verbuchten die US Börsen einen weiteren Rückgang der Emissionsvolumina auf 941 Mio. EUR und setzten somit ihren Abwärtstrend fort. Europäische Börsengänge verzeichneten bisher ein Emissionsvolumen von 279 Mio. EUR, bis dato ein leicht größeres als im Vorjahr. Ähnlich dem Unterschied im Fund raising sowie Anzahl und Volumen der Transaktionen im Venture-CapitalMarkt, besteht auch bei den Emissionsvolumina ein Größenunterschied vom Fünf- bis Zehnfachen, vergleicht man die USA mit Europa. Dies charakterisiert den systematischen Nachteil bei den Finanzierungskonditionen im europäischen vs. dem amerikanischen Markt und zeigt sich auch in strukturellen Unterschieden. Der US-Börsenmarkt wird primär von kleinen bis mittelgroßen Transaktionen getrieben (Emissionsvolumen von 50 bis 100 Mio. EUR bzw. 100 bis 250 Mio. EUR). Strukturell ist der europäische Markt, wenig überraschend, von MicroBörsengängen mit einem Emissionsvolumen von 20 bis 50 Mio. EUR charakterisiert

Ausbleibende Börsenkandidaten in Europa

Die rückläufi ge Dynamik im europäischen Biotech-/Life-Science-Markt führt aktuell zu der Extremsituation, dass keine Unternehmen ihre „Intention to Float“ über einen Börsengang an einer europäischen Börse angekündigt haben. In den USA sind hingegen immer noch sieben potenzielle Börsengänge angekündigt. Ein besonderer Wermutstropfen ist die Tatsache, dass der größte Listingkandidat in den USA das europäische Biotechunternehmen NightstarRx aus Großbritannien mit einem potenziellen Emissionsvolumen von 86,3 Mio. EUR ist. Die Börse Nasdaq wird hierbei von allen Kandidaten als der bevorzugte Standort gewählt.

US-Biotechwerte mit überdurchschnittlicher Entwicklung

In Bezug auf die durchschnittliche Wertentwicklung der Biotech-/Life-Science- Börsen gänge von 2012 bis 2017 schnitten amerikanische Börsengänge in allen einzelnen Zeitintervallen weitaus besser ab als europäische Börsengänge. Diese deutlich bessere Aktienentwicklung (Aftermarket Performance) ist letztendlich einer der wesentlichen Gründe, warum das britische Unternehmen NightstarRx, wie auch andere europäischen Unternehmen aus dem Biotech-/Life-Science-Bereich, immer wieder ein Listing in den USA erwägen bzw. bevorzugen.

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